Demut

Nach langer Zeit, in der die Abstände immer grösser wurden, bin ich wieder mal hier und lese. Ja, lese! Ich lese in meinen eigenen Beiträgen und es ist wie ein Gespräch mit einer besten Freundin. Es ist, als ob ich mich selber an die Hand nähme und mir Weisheiten mit auf den Weg gäbe. Habe ich das alles tatsächlich mal geschrieben?

Ich denke über Demut nach. Schreibend. Etwas wackelig ist diese Reise, so, wie wenn man nach langer Zeit wieder Rad fährt. Kann ich es noch? Finde ich in Kreisen zum Kern der Sache?

Demut. Hat das was mit Mut zu tun? Der blaue Duden in meinem Regal gibt mir Recht. Der Mut in Demut ist tatsächlich von Mut abgeleitet.
Mut bezeichnete ursprünglich die innere Haltung, wenn man etwas unbedingt will. Das zeigt die indogermanische Wurzel mo- = nach etwas trachten, etwas anstreben, wollen.

Der andere Teil des Wortes dagegen gehört zum Stamm des Verbs dienen. Demütig bedeutete ursprünglich dienstwillig und Demut bezeichnete eine dienende Gesinnung.

Dienen, also. Die tiefere Bedeutung von Dienen kommt im litauischen Verb teketi = laufen, fließen, rinnen und im altindischen takti = eilt zum Ausdruck. Teketi und takti gehen auf dieselbe indogermanische Wurzel wie dienen zurück.
Rinnen und fliessen wie Wasser. Wasser fliesst ohne zu zögern in die Form, die gerade da ist und strebt keine andere Form an. Es gibt sich vollkommen dem hin, was da ist, und erfüllt die Rolle, die es darin hat.
Dienen ist also Hingabe, und Hingabe ist hinzuschauen, was ist. Den Dingen zu erlauben, dass sie sind, wie sie sind. Einem selbst zu erlauben, dass man ist, wie man ist und aus dieser Haltung zu handeln.

Ein weiterer Aspekt ist die Einordnung oder auch Unterordnung in ein grösseres Ganzes. Demütig sein heisst im weitesten Sinn wissen, dass es etwas Grösseres gibt. Der Demütige erkennt und akzeptiert aus freien Stücken, dass es etwas für ihn Unerreichbares, Höheres gibt.

Demut hat nichts damit zu tun, sein Licht unter den Scheffel zu stellen oder sich selbst zu erniedrigen oder herabzuwürdigen. Demut hat auch nichts damit zu tun, sich äusserlich demütig zu geben und innerlich zu denken, man sei durch diese Haltung besser als der andere.
Demut ohne Liebe ist Stolz. Demut ohne Liebe ist eine Opferhaltung, aus der man einen Nutzen zieht.

Demut mit Liebe ist die Verschmelzung zweier innerer Haltungen: das Trachten des Mutes und die Hingabe des Dienens.
Demut trachtet danach, sich dem Jetzt, dem, was gerade ist, ohne Widerstand hinzugeben, zu dienen und zu handeln, ohne vor etwas zurückzuschrecken.

 

Geschenk oder Geschäft

„Ich habe alles für ihn getan! ALLES!…… Und das ist jetzt der Dank!!!?“

Wer hat diesen Satz nicht schon gehört? Wir fühlen mit. Die arme Frau (Männern passiert das glaube ich nicht so oft) hat sich aufgeopfert für jemanden und er würdigt das nicht so, wie sie sich gedacht hat.

Nein!

Die arme Frau hat nicht gemerkt, dass sie ein Geschäft machen wollte und das Gegenüber gemeint hat, ein Geschenk zu bekommen.

Ein Geschäft ist etwas anderes als ein Geschenk. Ein Geschäft ist ein Tauschhandel. Ich gebe dir etwas und du gibst mir dafür etwas anderes. Geld gegen Dienstleistung. Gefallen gegen Gefallen. Liebesdienst gegen Liebesdienst.

Wenn man aber jemandem ein Geschenk macht, dann braucht das keine Gegenleistung. Ein Geschenk ist ein Geschenk. Es gibt keine Bedingungen, sonst ist es kein Geschenk, sondern ein Geschäft. Wenn an ein Geschenk bestimmte Auflagen gebunden sind, dann ist es Sponsoring, Stipendium oder wie auch immer – eben Geschäft. Aber kein Geschenk.

Also, liebe Frau und lieber Mann: Spür nach, wo du gibst, einfach um zu schenken, und wo du ein Gegengeschäft in irgend einer Form erwartest: Lob, Anerkennung, Bewunderung, einen Gegengefallen, einen Liebesdienst…etc.

Wenn es ein echtes Geschenk ist, macht es dich glücklich, es zu schenken, auch wenn du nichts zurückbekommst. Es hinterlässt eine tiefe, stille Freude und ein Gefühl, das Richtige auf die richtige Art gemacht zu haben.
Wenn es in irgendeiner Weise ein ungutes Gefühl hinterlässt, das Gefühl, ausgenützt zu werden oder zu kurz zu kommen oder etwas in der Richtung, dann war es kein Geschenk, sondern ein Geschäft.
Auf der Basis dieses Wissens kannst du weitergehen und handeln.

Geheimnisvolles Leuchten

Vor ein paar Tagen habe ich eine verblüffende Entdeckung gemacht.
Seit kurzem haben wir endlich eine schnelle Internetleitung und mehr als nur unsere fünf Schweizer TV-Sender. Die nächste Anschaffung nach der Aufschaltung des Services war ein Kopfhörer. Ich mag nämlich nicht dauernd keifende Frauenstimmen in meinem Wohnzimmer, und Figlia guckt sich grad durch alle bei Teens beliebten Schrott-Dokus. In denen muss anscheinend ständig irgendwer irgendwen anschnautzen. Das möchte ich mir nicht reinziehen. Das ist mir schnell zu viel weil mich das Geratsche und Gezicke ganz kribbelig macht.

Letzthin wollte ich meiner Tochter für einen Moment Gesellschaft leisten und erwartete schon den Zickenkrieg. Aber ich blieb ganz überrascht etwas länger sitzen weil mich das, was ich auf dem Bildschirm sah, beruhigte, statt aufregte. Ein kleiner Elefant stolperte etwas unbeholfen um seine Mutter herum und wusste nicht so recht, was er von der Dusche halten sollte, die ein Tierpfleger den beiden gerade offerierte. Ein Känguruh achtete sorgsam darauf, dass sein Junges beim Herumhüpfen nicht aus dem Beutel fiel. Andere Tiere, deren Namen ich vergessen habe, spielten ausgelassen miteinander.

Ich blieb sitzen und erinnerte mich, dass die Schöpfung immer diese Wirkung hat.
Wie gut kann doch der Weitblick von einer Anhöhe, der Blick über den See oder eine verschneite Bergkette mein durcheinander geratenes Inneres wieder glätten und ordnen. Wie wohltuend schön das Lied einer Amsel am frühen Morgen ist! Wie staune ich über das durchsichtige Leuchten des rosablauen Himmels, das niemand malen könnte. Ein paar Sekunden reichen, und schon breitet sich in meinem Herzen Ruhe aus.

Sogar durch die Mattscheibe entfaltet sich diese geheimnisvolle Wirkung. Frische, kühle Luft strömt in meine Seele und füllt jeden Winkel mit neuem Atem.

Es ist das Licht der Liebe, das aus allem und durch alles strömt.

gegen Unzulänglichkeiten

Du genügst, so, wie du bist. Ja, du!
Allein, dass du da bist, reicht.
Wenn du etwas nicht kannst, dann kannst du es lernen.
Oder nicht.
Aber das ändert an deinem Wert nichts.
Wenn du etwas kannst, dann schenke es weiter.
So gut du kannst.
Aber das ändert an deinem Wert nichts.

Allein dass du da bist, macht dich so unendlich kostbar, als wärest du das einzige Wesen auf der ganzen Welt.

Das genügt.

Und das gilt für jeden Menschen.
Es gilt für dich.

Wenn du dies bejahst, mit heiliger Freude, dann hat das nichts mit Überheblichkeit oder (falschem) Stolz zu tun, sondern mit Liebe. Und Hingabe. Und eben: mit Freude.
Du wirst leuchten, wie du es dir wünschst.
Du wirst andere wärmen. Sie erfrischen. Beflügeln. Fördern.
Du wirst dir damit deine innersten Wünsche erfüllen und in deinem Element sein.

Manchmal wirst du in deinen Augen versagen. Selbstzweifel werden dich wieder versuchen zu quälen. Selbstmitleid wird anklopfen.

Öffne die Türe nicht. Was ändert es, wenn du es als Versagen betrachtest? Weisst du denn, ob nicht das, was du als Versagen ansiehst, dem anderen zum Guten dienen könnte?
In der Schuld-Kategorie zu denken, nimmt dir das Leuchten. Es ändert nichts. Es löst keine Probleme. Es dient niemandem. Es ist unnötig.

Keine Worte

“Weißt du, was Liebe ist?”, sagte seine Mutter, “Wenn du in der Lage bist, etwas zu sehen, was kein anderer sehen kann. Und wenn du bereit bist, etwas zu zeigen, was du keinem anderen zeigen würdest.”

Luca Di Fulvio

 

via

 

Momentan beschränke ich mich auf das Empfehlen von lesenswerten Fundstücken, denen ich begegne. Die findet ihr gleich rechts unter dem Titel „Aus dem Netz gefischt“. Sie spiegeln, da sie mich gerade jetzt ansprechen, meinen Weg, wie ich ihn nicht beschreiben könnte. Meine Wörter sind etwas durcheinander und lassen sich nicht füllen mit dem, was ich sagen will. Und manchmal wüsste ich nicht einmal selbst, was das wäre.

vernetzt-verbunden

Mir ist bewusst geworden, dass jeder Mensch alles, was ihm begegnet in sein eigenes Lebensnetz webt. Dass man Querverbindungen knüpft, und Erkenntnisse und Aha-Momente daraus erwachsen, wenn man einen Schritt zurück das Bild betrachtet, das man webt.
Mein Blog ist im Grunde ein sichtbar gemachter Teil meines Bildes.Wenn wir teilen, was wir weben, dann können andere daraus wieder ihr Bild weben, in neuen Farben.

In diesem Sinne möchte ich euch diesen Klick und daraus folgend sechs weitere Klicks sehr warm empfehlen.
Wenn ihr könnt, nehmt euch die Zeit, hört hin. Mit ganzem Herzen.

Eines Tages werden wir sehen, dass wir alle am selben Bild weben. Das wir das Bild sind.

Hingabe

Warum kann ich manchmal nicht wahrnehmen, was ist?

Wie oft wohl bekomme ich etwas nicht mit, was da wäre? Verstellen meine Wünsche, die ich bis heute nicht klar von Träumen oder Erwartungen trennen kann, meine Sicht?

Ich denke darüber nach und ziehe meine Schlüsse. Ich werde vorsichtig. Vorsichtig mit Wünschen und Träumen, weil ich fürchte, in die Erwartungsfalle zu tappen. In die Falle, anzunehmen, dass etwas so und so ist, wenn ich ein paar wenige Hinweise habe. Ich nehme dann diese kleinen Dinge, stürme voller Freude und ohne nach rechts und links zu sehen in etwas rein (Begeisterungsfähigkeit nennt man das glaube ich), und wenn ich einmal zum Anhalten und Verschnaufen komme, um genau hinzusehen, dann ist da gar nicht das, was ich gedacht habe, wäre da.

Ich muss lernen, wirklich nur mit dem zu leben, zu arbeiten, zu handeln, was ist. Nicht mit all dem, was ich mir dazu ausmale. Also wieder: Genau hinsehen, hinspüren, hinhorchen, innerlich zugewandt und offen, bereit, das zu nehmen, was sich mir offenbart. Ich begreife langsam, dass es Hingabe ist, die ich da lerne.

je älter, je unglücklicher?

Peter, ich danke dir für deine Fragen. Das ist meine Antwort auf deine Kommentare zu Es ist, was und wie es ist.
Aber ich schreibe auch für alle anderen, die hier lesen.

Ja, je mehr ich bewerte, desto unwahrscheinlicher wird das Glück. Ganz allgemein.
(Und Glück ist ja nicht nur, eine Beziehung zu haben. Manch einer, der in einer solchen ist, würde das Gegenteil behaupten ;-))

Es gibt für mich sowas wie zwei Handlungsseiten.
Die eine ist eine kontrollierende, bestimmende. Zumindest meine ich, ich könne alles steuern. Auf dieser Seite ist Bewerten. Ist Eingreifen. Ist mir vorstellen, wie ich es gerne hätte. Ist auch, mir ausmalen, wie schön etwas sein wird. Ist alles in die Wege leiten, damit es so wird. Selbermachen. Ist auch mir vorstellen, wie andere dann reagieren und handeln und entscheiden. Ist planen bis ins kleinste Detail und alles bestimmen wollen. Und sind Enttäuschungen weil: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. So gut wie immer.

Auf der anderen Seite ist ein Gewährenlassen. Ein Ja zu dem, was ist. Ein einfaches Betrachten (statt bewerten). Also Aufmerksamkeit und Bewusstsein.
Ich schaue es an und sage, so ist es, ohne zu werten, ob das gut oder schlecht sei. Das kann ich ja nicht wissen, weil ich nicht mein ganzes Leben sehe und nicht die Auswirkungen, die eine Sache wirklich hat.
Und dann kann ich handeln, wenn etwas nicht so ist, wie ich erträumt habe. Gerade so weit, wie ich für mich selbst handeln und entscheiden kann, so weit, wie es in meinen Möglichkeiten liegt.
Nachher muss ich wieder loslassen. Mich vom Fluss des Lebens tragen lassen und schauen, was jetzt passiert.
Wie andere auf mein Handeln reagieren, liegt weder in meiner Verantwortung noch in meinen Möglichkeiten, es zu steuern.

Seit langer Zeit bin ich auf dem Weg, von dieser einen Seite zur anderen. Es ist nicht ein Weg von A nach B, sondern er findet eher in Kreisen statt. Ich bin noch lange nicht fertig damit und es gibt immer wieder eine neue Schlaufe und nochmal eine, wenn ich Details noch immer nicht begriffen und verinnerlicht habe oder wenn ich noch eine weitere Facette dazulerne.
Dieser Weg ist nicht einer, den ich mir einfach so befehlen kann, sondern einer, der langsam in mir wächst. Einer, auf dem ich mich von meinem Inneren führen lasse.

Ich bin viel gelassener geworden. Ich habe erlebt, dass es viel besser kommt, wenn ich es Gott, dem Universum, dem Leben, oder wie du dieses Allumfassende nennen möchtest, überlasse, statt es mit meiner kleinen, begrenzten Sicht selbst in die Hand zu nehmen. Ich bin deshalb nicht passiv (siehe oben).

Ich werde glücklicher und glücklicher, je weiter ich gehe und je älter ich werde. Das heisst nicht, dass ich ständig mit einem Lächeln durch die Gegend laufe, sondern, dass ich die Kraft und das Leuchten in mir immer deutlicher spüre. Ich komme der Liebe immer näher. Und das zeigt sich nicht in einer äusseren Beziehung – eine solche liegt gerade in Scherben – sondern in einem Wachsen nach innen, zu dem Ort in mir, der pure Liebe ist.

Eines Tages, vielleicht gerade dann, wenn du gelernt hast, mit dem Fehlen dessen zu leben, was du dir so sehr wünschst, wird es an deine Tür klopfen.
Ich wünsche dir von Herzen Geduld, Vertrauen und Zuversicht. Bleib dran! Du wirst den Weg finden.
Und wenn mein Schreiben hier ein bisschen Licht bringen darf, so ist es das, was ich mir davon erhoffe und weshalb ich es tue.