nicht fliehen

Jesus lebt in Fülle, in Stille, in Gebet, in Hingabe, in absoluter Bedingungslosigkeit und in absolutem Dasein, er weicht nicht zurück.

Pyar Troll-Rauch

Wenn es mir gelingt, in dieser Stille und Bedingungslosigkeit zu sein, dann kann ich in allem eine wunderbare Ordnung und Schönheit ahnen.
Dann verliert die Schwere ihr Bedrückendes, und die Ausgelassenheit hebt nicht vom Boden ab.
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Mit meinem Nicht-einverstanden-Sein mit dem, was ist, meinen Bedingungen, wie es sein müsste, bevor ich gehe und handle und lebe, verliere ich Stille und Bedingungslosigkeit.
Verliere ich den Weg im dichten Nebel.
Verliere ich Frieden.
Klarheit des Handelns.
Sehe ich das Licht, das mich führt, nicht mehr.

Vertrauen

Ich kann mich noch genau erinnern, dass ich in meiner Jugendzeit eine unverbesserliche Optimistin war. Mit fröhlicher Neugierde und Offenheit habe ich vorwärts geblickt. Ich freute mich auf das eigenständige Erwachsensein. Darauf, endlich mein eigenes Leben gestalten zu können.
Ein guter Freund sagte damals zu mir, man werde doch sowieso nur immer enttäuscht, erwarte man Gutes. Es sei nun mal nicht alles gut und wenn es sich als schlecht erweisen würde, sei man bloss enttäuscht. Es wäre also weitaus besser, Pessimist zu sein. Denn dann könnte man vom Guten überrascht werden.
Die These klang schlüssig, passte mir aber nicht. Irgendwie spürte ich, dass es anders ist. Ich spürte, dass man nicht Gutes erleben kann wenn man Schlechtes erwartet. Meistens jedenfalls.

Dann kam das Leben.
Mein Optimismus tat sich mit dem Leistungsdenken zusammen und verwandelte sich in Perfektionismus. Ich hatte hohe Erwartungen an alles und jeden. So landete ich schliesslich bei der Enttäuschung. Die Behauptung meines Freundes schien sich zu bestätigen. Damit war ich nicht zufrieden. Ich wollte kein Pessimist werden.
Den Perfektionismus bin ich inzwischen losgeworden. Die Erwartungen sind noch da.

Ich wünschte und wünsche mir manchmal noch immer jene unbekümmerte Art zurück, mit der ich früher auf Dinge zugegangen war. Jene jugendliche Biegsamkeit, die sich fröhlich in Unerwartetes schickt, das Beste daraus macht und in allem etwas Gutes findet. Ein Stück Idealismus, der grosszügig über Unvollkommenheiten hinwegsieht, das grosse Ziel nicht aus den Augen verliert und immer wieder aufsteht, wenn er hingefallen ist.
Wie kommt jenes warme Leuchten ins Herz und in die Augen zurück? Wie macht man das ein paar Jahre später, vom richtigen Leben ernüchtert und enttäuscht, aber auch reifer, mit realistischerer Sicht?

Ich muss meine Erwartungen loslassen. Aber das ist nicht einfach. Hoffnung davor zu bewahren, eine Erwartung zu werden auch nicht. Einverstanden zu werden mit dem, was ist und mit dem, was mir widerfährt, auch nicht. Die Erwartungen sind einfach da. Ich habe keine Möglichkeit, mich dagegen zu wehren. Eher scheint mir, sie vermehren sich, wenn ich dagegen kämpfe, sie zu sehr beachte.

Wie kann ich also meinen Optimismus wiederfinden? Jetzt, Jahre später kann er nicht mehr blind sein. Er muss einen anderen Namen erhalten: Vertrauen.
Wenn ich zurückblicke, sehe ich manches aus einem ganz anderen Blickwinkel. Nicht immer war das, worüber ich enttäuscht war, schlechter als das, was ich erwartet hatte. Und wenn ich dies irgendwo nicht sehe, bestätigt das nicht automatisch das Gegenteil. Viele Dinge, die schwierig und schwer waren, haben sich im Nachhinein als Segen erwiesen. Ich weiss, das klingt abgedroschen, aber es ist so. Ich wäre nicht die, die ich jetzt bin, hätte ich nicht all die Lektionen erhalten.
An meinem eigenen Weg kann ich sehen, dass aus vermeintlich Schlechtem etwas Gutes wird. Ich kann also annehmen, dass dies auch in Zukunft so sein wird. Ich bin nicht fähig, im Jetzt alles richtig zu beurteilen. Das zeigt meine Geschichte. Ich kann also nicht auf mein Urteil vertrauen, dass etwas schlecht sei für mich und besser, was ich erwartet hatte.
Mit Vertrauen kann ich hoffen, dass nach einer Niederlage etwas Besseres auf mich wartet. Mit Vertrauen kann ich zuversichtlich auf die Tage vor mir sehen und wissen: Am Ende wird alles gut. Da ist Gott, der den Adlerblick über mein Leben hat. Er weiss, was richtig ist. Und er führt mich.

Ich muss also nicht so sehr versuchen, nicht zu erwarten. Dagegen kann ich nichts tun. Die Erwartungen sind da. Ich werde mich stattdessen darauf konzentrieren, zu vertrauen. Dann wird es leichter, einverstanden zu sein mit dem, was ist, weil ich weiss: Alles hat einen Sinn. Dann wird es leichter, Hoffnungen zu hegen, ohne dass sie zu Erwartungen werden. Dann entsteht Raum für Träume und Wünsche, aus denen leichter Ziele werden können.

Vertrauen ist ein anderes Wort für Glauben. Es gehört zu den Dingen, die ewig und unvergänglich sind.

Was für immer bleibt, sind Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei. Aber am größten von ihnen ist die Liebe.
Die Bibel, 1. Kor 13,13

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Ein Blick zurück

Aus einem aktuellen Anlass habe ich kürzlich alle unsere Familienfotos durchgesehen. Sie befinden sich, feinsäuberlich chronologisch geordnet, in einer Kartonschachtel und warten (seit Jahren) darauf, in ein schickes Fotoalbum befördert zu werden. Was ich demnächst tun werde. Wobei demnächst ein ziemlich weit gefasster Begriff ist. Aber ich schweife ab.

Ich sah mir also unsere Fotos an und hielt Rückschau auf unsere Jahre. So manche Erinnerung kam hoch und doch war vieles so weit weg, dass ich die Bilder mit den Augen einer Fremden betrachten konnte. Und was ich mit solchen Augen sah, verblüffte mich. Ein überraschendes Gefühl breitete sich langsam, aber unaufhaltsam in mir aus: „Mensch, haben wir es doch schön zusammen! Was sind wir doch für eine wunderbare Familie! Und wieviel wir immer mit den Kindern unternommen haben! Und wieviel Spass wir zusammen hatten!“
Ich wusste auf einmal, dass wir es, trotz vielen Schwierigkeiten, trotz Zank und Ärgernissen, trotz Geschimpfe und manchen Kämpfen gut gemacht haben. Mit dem Verstand hatte ich mir das oft gesagt, aber jetzt hat es mein Herz gesehen. Und das ist ein riesiger Unterschied.

Das Erlebnis stimmte mich froh und zufrieden. Aber es machte mich auch sehr nachdenklich. Warum kann ich die Dinge nicht währenddessen so betrachten? Warum sehe ich die Schönheit nicht unmittelbar, sondern erst im Nachhinein? Warum dominiert im Jetzt das Schwere und Schmerzhafte?

Ich möchte im Herzen und im Bewusstsein behalten, dass ich unsere Jahre und mein Leben im Nachhinein mit Zufriedenheit und Freude betrachten werde.
Dass die Schmerzen verblassen mit der Zeit und ich sie durch den Adlerblick als Wachstumsmotor betrachten werde.
Und ich hoffe, dass dieses Bewusstsein mein Jetzt durchdringt und färbt. Mit Vertrauen, Zufriedenheit und Freude tränkt. Weil ich weiss, dass der unfassbare, wunderbare Gott, der mir Vater und Mutter ist, mich leitet und mir den Weg bahnt.