Ab jetzt drei Monate lang

… Sommer!

Die Saison haben wir mit einem Ausflug an den See eingeläutet. Wind, Sonne, Wärme, aber noch nicht unbarmherzige Hitze, eiskaltes Wasser, in das ich leider nicht reinkomme weil mir die Knochen wehtun wie anderen Leuten die Zähne, wenn sie sie in ein Eis stecken.
Die Vorbereitungen für diese Spontanaktion waren schnell getroffen. Brötchen schmieren wir schon lange keine mehr. Die wertvolle Zeit möchten wir lieber draussen an der Sonne sein. Also Kühlschrank auf, alles raus, was sich irgendwie eignet zum kalt essen und mitnehmen, schnell die Badesachen packen, und los geht’s!
Die Anschaffung vom letzten Jahr macht sich bezahlt, beschwört Campingstimmung herauf. Meine Isomatte, die auch als Sitzunterlage oder Schwimmhilfe dient, muss auf alle Fälle mit.
Das Leben unter freiem Himmel finde ich herrlich: Ich falte den Sarong als Tischdecke, richte unsere Kühlschrankausbeute darauf an, versammle alle hungrigen Mäuler darum herum und dann wird schnabuliert. Jeder nimmt, wozu er Lust hat.
Auch wenn logistische Probleme auftauchen, z. B. ein vergessenes Messer, trübt das meine Freude nicht, im Gegenteil: Mit einem Kunststoffbecher kann man den Camembert zerteilen und die Paprika lässt sich auch von Hand in Stücke brechen.

Das ist doch genau das Schöne daran: Zu spüren, dass man nicht auf allen Luxus angewiesen ist und dass man das einfache Leben sogar geniessen könnte, sich zumindest ziemlich elegant darin zurechtfinden würde.
Herrliche Mahlzeiten! Herrliches Leben! Ich mag solches Improvisieren, mich auf das Nötigste beschränken. Ich mag das mobile Leben. So flexibel wie möglich muss es sein. Unkompliziert. So, dass jemand kommen und sagen könnte: „In einer Stunde reisen wir ab.“ und ich ohne mich beeilen zu müssen in dieser Zeit reisefertig wäre.
So frei möchte ich sein. So frei, dass ich im Augenblick, in dem sie auf mich zu kommen, meine Lebensumstände annehmen kann, wie sie sind und zufrieden sein kann damit. Auf dieselbe Art, wie man beim Campieren nicht darauf besteht, dass Tafelsilber und Sonntagsgeschirr mitkommen müssen, damit Erholung möglich ist.

Das ist das Ziel. Es zu erreichen, dahin ist ein weiter Weg. Wie oft habe ich Angst, Ansprüche loszulassen, Vorstellungen und Wünsche weil ich meine, zu kurz zu kommen. Wie oft ist das so falsch gedacht. Wie schnell ist die Freude verdorben, wenn man auf seinen Vorstellungen besteht. Wie gross die Enttäuschung.

Ich wünsche mir, im „richtigen Leben“ genauso schnell kreative Alternativen zu finden, wie beim Ausflug an den See für ein fehlendes Messer.

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Erdnähe

Campieren hat einen hohen Erholungswert – für mich zumindest.
Ich vermute, ich hab den Grund dafür gefunden: Man ist mehr in Erdnähe.
Man schläft auf dem Boden, lebt vorwiegend im Freien, ist daher in näherem Kontakt zur Natur. Man ist den Naturgewalten ausgeliefert.
Ein Freund sagte kürzlich, er sei überzeugt davon, dass der Wald eine heilende Wirkung auf den Menschen habe, wenn man in ihm und mit ihm lebe. „Ohne jetzt esoterisch zu werden“, fügte er schnell hinzu.
Ich erzählte ihm darauf von meiner Linde, die ich fast immer aufsuche, wenn ich innerlich aufgewühlt bin, nicht weiter weiss. Ich gehe von dort immer anders, als ich gekommen bin. Sie hat eine beruhigende Wirkung auf mich. Es ist einfach ein guter Ort, an dem ich dem Himmel näher bin als anderswo.
Wie war ich überrascht, dass dieser Freund genau zur selben Linde geht wenn er Schwieriges verarbeiten muss.
Solches zu hören, bewirkt in mir eine demütige Haltung. Die grossartige Schöpfung und alle Wesen, die darin leben, sie alle haben ebenso ein Recht, hier zu wohnen und zu leben wie ich selbst.

Heute ist mir bewusst geworden, dass ich dieser Haltung im Alltag mehr Ausdruck verleihen möchte. Wenn alles Daseinsberechtigung hat und ich andere Wesen töten muss um zu überleben, dann kann ich das so tun, dass ich mich bei ihnen für ihr Opfer bedanke und mir nicht mehr nehme, als ich zum Leben brauche.
Ich möchte mir ein offenes Herz für diese Haltung bewahren, zutiefst dankbar bleiben, dass ich alles im Überfluss habe, was ich brauche, und dass ich alle Unterstützung bekomme, die ich nötig habe.

Lustig ist das Zigeunerleben

Campieren ist… ach, es gibt keine Worte. Das muss man erlebt haben, um zu verstehen.

Stell Dir vor, Du krabbelst aus Deinem Bett und landest direkt im Freien. Die Sonne blinzelt, der Regen flüstert oder rauscht, die Vögel singen. Du schlenderst durch die kühle Morgenluft zu den Waschräumen um mit kaltem Wasser das Gesicht zu erfrischen, wach zu werden und den Tag zu begrüssen. Auf dem Weg begegnen Dir nur wenige Menschen. Aus allen Augen guckt der Schlaf aber auch ein zufriedenes Leuchten. Es ist still und friedlich. Viele schlafen noch. Wer wach ist, mag noch nicht reden. Wir nicken einander einen guten Morgen zu.

Später breitest Du vor dem Zelt eine Decke aus, holst als Sitzunterlage die Isomatte und frühstückst: frisches, knuspriges Brot aus dem kleinen Laden nebenan, Kaffee, Konfitüre und Honig aus der nachfüllbaren Tube.

Wenn das Wetter es erlaubt, verbringst Du den Tag am See mit schwimmen, paddeln im Gummiboot, Sandburgen bauen, lesen und Eis essen, einer Schifffahrt in die nächste Stadt, einem Marktbummel und was Dir sonst noch einfällt.

Abends kochst und isst Du im Freien. Wenn es Nacht wird, kannst Du mit dem Schlafsack auf der Matte liegen und die Sterne bewundern, Sternschnuppen zählen und Dir was wünschen. Oder Du spazierst an den See, siehst zu, wie der Mond sich im leise plätschernden Wasser spiegelt, malst Dir aus, wer wohl hinter den farbigen Lichtern wohnt, die am Seeufer entlang glitzern, hörst dem Wind zu, der ausgelassen mit den Blättern der grossen Eichen spielt.


Und bei all dem atmest Du tief ein, saugst die ganze Welt in Dich auf, alle frische Luft, die es gibt und hältst Dein Gesicht ins Licht um es ganz tief im Herzen aufzunehmen und festzuhalten. Etwas tief in Dir erinnert sich an Urzeiten, wo die Menschen noch in Höhlen wohnten und mit der Natur lebten, mit Feuer, Erde, Luft und Wasser.
Du hast plötzlich die grösste Mühe, Dir das zivilisierte Leben und Dein Zuhause in Erinnerung zu rufen. Der Alltag ist weit weit weg.

Und? Kannst Du es Dir vorstellen? Hörst Du den Wind und die Vögel, das Rauschen des Regens? Riechst du das Gras?

Reisevorbereitungen

In den letzten Tagen lief meine Welt rund – und sie tut es noch weiter.

Nach ersten Recherchen um ins Schwärmen zu geraten, einem ausführlichen Besuch im Outdoorladen um die Vorfreude weiter zu steigern, vielen Träumen, Telefonaten und anderen Gesprächen, haben wir es geschafft, uns das meiste auszuleihen und ein paar wenige Dinge zu kaufen und sind jetzt nach bestem Wissen und Gewissen auf eine Woche Camping ohne Auto vorbereitet.

Das heisst: noch nicht ganz. Die letzten Abklärungen betreffen die Gepäckstückplanung. Morgen nämlich könnten wir noch Gepäckstücke per Eisenbahn aufgeben, die dann am Anreisetag am entsprechenden Bahnhof abholbereit stehen sollten. Die Frage ist nur, ob wir das brauchen oder ob alles in die vorhandenen (und auch von uns transportierbaren) Teile passt.

Wir werden also am Sonntagmittag eine vierstündige Bahnfahrt unternehmen, dabei die halbe Schweiz aus dem Fenster bestaunen, spielen, Musik hören, lesen und was man sonst noch auf solchen Fahrten macht, werden gegen Abend dann im wunderschönen Tessin ankommen, auf dem Campingplatz einchecken, unser Zelt neben dem von Sorella aufbauen und los kann es gehen.

Ich freue mich und bin sehr gespannt.
Vielleicht kann ich es nicht lassen und werde Euch schon während der Woche per Internetcafé Bericht erstatten.

Auf jeden Fall wünsche ich Euch allen weiterhin einen wunderschönen Sommer. Geniesst es. Das Leben ist schön!

Bildquelle: pixelio.de/©bretagne_32