nicht fliehen

Jesus lebt in Fülle, in Stille, in Gebet, in Hingabe, in absoluter Bedingungslosigkeit und in absolutem Dasein, er weicht nicht zurück.

Pyar Troll-Rauch

Wenn es mir gelingt, in dieser Stille und Bedingungslosigkeit zu sein, dann kann ich in allem eine wunderbare Ordnung und Schönheit ahnen.
Dann verliert die Schwere ihr Bedrückendes, und die Ausgelassenheit hebt nicht vom Boden ab.
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Mit meinem Nicht-einverstanden-Sein mit dem, was ist, meinen Bedingungen, wie es sein müsste, bevor ich gehe und handle und lebe, verliere ich Stille und Bedingungslosigkeit.
Verliere ich den Weg im dichten Nebel.
Verliere ich Frieden.
Klarheit des Handelns.
Sehe ich das Licht, das mich führt, nicht mehr.

Geheimnisvolles Leuchten

Vor ein paar Tagen habe ich eine verblüffende Entdeckung gemacht.
Seit kurzem haben wir endlich eine schnelle Internetleitung und mehr als nur unsere fünf Schweizer TV-Sender. Die nächste Anschaffung nach der Aufschaltung des Services war ein Kopfhörer. Ich mag nämlich nicht dauernd keifende Frauenstimmen in meinem Wohnzimmer, und Figlia guckt sich grad durch alle bei Teens beliebten Schrott-Dokus. In denen muss anscheinend ständig irgendwer irgendwen anschnautzen. Das möchte ich mir nicht reinziehen. Das ist mir schnell zu viel weil mich das Geratsche und Gezicke ganz kribbelig macht.

Letzthin wollte ich meiner Tochter für einen Moment Gesellschaft leisten und erwartete schon den Zickenkrieg. Aber ich blieb ganz überrascht etwas länger sitzen weil mich das, was ich auf dem Bildschirm sah, beruhigte, statt aufregte. Ein kleiner Elefant stolperte etwas unbeholfen um seine Mutter herum und wusste nicht so recht, was er von der Dusche halten sollte, die ein Tierpfleger den beiden gerade offerierte. Ein Känguruh achtete sorgsam darauf, dass sein Junges beim Herumhüpfen nicht aus dem Beutel fiel. Andere Tiere, deren Namen ich vergessen habe, spielten ausgelassen miteinander.

Ich blieb sitzen und erinnerte mich, dass die Schöpfung immer diese Wirkung hat.
Wie gut kann doch der Weitblick von einer Anhöhe, der Blick über den See oder eine verschneite Bergkette mein durcheinander geratenes Inneres wieder glätten und ordnen. Wie wohltuend schön das Lied einer Amsel am frühen Morgen ist! Wie staune ich über das durchsichtige Leuchten des rosablauen Himmels, das niemand malen könnte. Ein paar Sekunden reichen, und schon breitet sich in meinem Herzen Ruhe aus.

Sogar durch die Mattscheibe entfaltet sich diese geheimnisvolle Wirkung. Frische, kühle Luft strömt in meine Seele und füllt jeden Winkel mit neuem Atem.

Es ist das Licht der Liebe, das aus allem und durch alles strömt.

anders

Ganz langsam und leise verändert sich etwas in mir. Die Dankbarkeit lässt Mauern bröckeln und wischt die Spinnweben weg, putzt die Scheiben blank.

Heute ist Traurigkeit in mir. Aber das Leuchtende wird nicht geschmälert vom Grau der Bedrücktheit. Die dankbare Betrachtung des Augenblicks, hat etwas tief verändert. Ich habe unbemerkt angefangen loszulassen, ganz allgemein, nicht bestimmte Dinge, einfach, weil ich die Erfahrung mache, dass es in jedem Augenblick etwas gibt, wofür ich dankbar sein kann, etwas, das allem einen Sinn gibt.
Ich glaube, ich habe aufgehört, mich in meinem Leben und in neuen Situationen einzurichten. Auch nicht in den kleinen Dingen. Und das empfinde ich zum ersten Mal als richtig und gut. Meine Heimat ist da, wo dieses Leuchten und diese Kraft sind. Es ist das, was bleibt, auch durch Schmerzen und Traurigkeit hindurch. Und selbst das bleibt nicht, wie es ist. Es wird tiefer und anders.

Licht und Nebel

Manchmal fühlt sich mein Leben wie dieses Winterhochnebelwetter an. Früher lebte ich unter der grauen Wolkendecke. Düster war es. Drückend. Ab und zu machte ich einen Ausflug in luftige Höhen. Dort war der Himmel blau und die Sonne lachte.

Und wie das Wetter sich verändert hat in den letzten dreissig Jahren, Orte, die früher in der Sonne lagen und aufs Nebelmeer guckten, heute tagelang im Nebel sind, so hat sich meine innere Nebelgrenze auch verschoben.
Ich lebe jetzt dort, an genau dieser Nebelgrenze. Manchmal ist der Himmel blau, die Sonne lacht. Manchmal ist das Licht hell und weiss, trotz Nebel, und sogar golden, wenn die Sonne durch die Nebelschleier scheint. Manchmal weiss ich einfach nur, dass oben blauer Himmel und Sonne wäre, während unten alles grau und düster ist und der Tag nicht richtig hell werden mag.

Wenn ich mit dem Auto vom Hochnebelgrau, durch die dicke Nebelwand in den Sonnenschein fahre, und wieder zurück, so wie heute, dann kann ich lernen, diese Sonne, ihre Wärme, ihre goldene Güte im Inneren aufzubewahren. Damit das Gefühl abrufbar ist im grauen Tal.

Vielleicht funktioniert das auch im übertragenen Sinn.

Erinnere dich

Du, wenn du jetzt traurig und voller Zweifel bist, wenn Gedanken und Erinnerungen dich einholen und Tränen und Schmerz dich überschwemmen, dann erinnere dich, dass in dir genau jetzt, gleichzeitig, ein Ort der Ruhe, des Lichts und des Friedens ist.
Und wenn du Angst hast, dort hinzugehen, weil etwas in dir nach Aufmerksamkeit schreit, dann sage dem Schmerz, den Tränen und den Erinnerungen, dass du sie nicht vergisst. Sage, dass du sie gesehen hast.
Und wenn du nicht weisst, wie du an diesen Ort hingelangen kannst, dann strecke Gott deine beiden Hände entgegen. Er wird dich führen.

Du brauchst das Schwere, Dunkle, die Erinnerungen, deine Geschichte, nicht zu verleugnen. Das gehört zu dir.
Aber du darfst die Seite wechseln und ins Licht treten. Wenn du im Schatten bleibst, dann kann die Sonne dich nicht anleuchten. Wenn du im Licht stehst, ist der Schatten noch da. Aber du bist von Licht umgeben und er wird dich nicht bedrücken.

Du, dieser innerste Ort, dein Zentrum, dein Leben, ist unantastbar für das Dunkle, von Licht umstrahlt.
Erinnere dich daran.

dennoch

Schmerz ist da. Nicht zu leugnen. Er gehört zu einem Erdenleben dazu.
Er kann sehr bestimmend sein. Wie Wasser in alle Ritzen meines Daseins fliessen.
Oder leise wie ein Herbstnebel einen Schleier über alles legen.

Dennoch ist mitten in dieser wunden Seele ein Raum, der unantastbar und heil ist.
Ein Raum, in dem Ruhe, Licht und Einverständnis sind.
Ein Raum, der von keiner einzigen äusseren Welle angerührt oder in Frage gestellt werden kann.
Dort bin ich das, was ich bin. Dort bin ich richtig so wie ich bin.

Gnade öffnet mir die Türe dort hin und lässt mich einen kleinen Blick und einen Duft erhaschen.
Damit ich es wieder weiss und weitergehen kann.
Sicher, dass mir diesen Raum niemand wegnehmen kann.
Sicher, dass ich mit jedem Tag besser und leichter dort hin finden werde.
Sicher, dass dort das Leben ist.

Ich gehe nicht weltfern weiter und auch nicht gefühlskalt, aber mit dem grossen Vertrauen, allezeit beschützt und aufgehoben zu sein.

 

 

Hier inspiriert und weitergedacht

Verschenkt

Immer wieder renne ich hinaus auf die offene, ungeschützte Fläche. Um mich und in mir leuchten Freude und Liebe, hell und warm. Ein paar Schritte neben mir beginnt undurchdringlicher, schwarzer, weiter Raum. Das Licht lockt mich und ich rufe mein Herz in die Weite hinaus. Dort hin, wo die frischen Schneespuren sich im Dunkel verlieren.

Mein Lied verklingt. Alles bleibt still.

Erst warte ich atemlos, damit ich das Flüstern hören könnte, dann lausche ich lange in das Schweigen.
 
 
 
 
 
 
Leise geh ich wieder in die schmerzende, ungefüllte Leere.

Immer wieder renne ich dort hinaus. Singe Wärme in die Kälte. Rufe das Licht in die schwarze Weite. Und lasse ein Stück meines Herzens da. Unermüdlich.
Ich kann nicht anders. Ich verstehe es nicht.

Vielleicht, dass ich eines Tages mein Herz verschenken kann, ohne auf das Flüstern zu warten und ohne verstehen zu wollen. Vielleicht ist es das, was mich der Himmel lehren will.

Bild von Jérôme Bon

Vergessenes Land

Das Nebelgrau der Stadt erdrückt mich. Die Erinnerung an die Sonne ist weit weg. Gibt es sie wirklich? Heute mache ich mich auf die Suche und fliehe in die Höhe.

Gleich bin ich da. Verheissungsvoll schimmert das Licht.

Oben angekommen,  blicke umher als fände ich mich in einem längst vergessenen Traum.
Verwundert frage ich mich, warum ich immer so lange warte, bis ich wieder hierher komme.
Verwundert frage ich mich, wie ich es dort aushalte, unter diesem kalten, grauen, undurchsichtigen Himmel.
Ich stehe sprachlos vor dieser hellen Weite und weiss nicht, warum ich vergessen konnte, wie schön es hier ist.

((Die Zusammenführung der Fotos ist alles andere als perfekt, ich fotografierte aus der Hand und ausserdem blicke ich bei der Nachbearbeitung der Bilder nicht ganz durch, aber es gibt euch trotzdem einen Eindruck davon, was ich meine. Klicken für Grossansicht.))

Nach tagelangem erdrückendem Grau, atmet meine Seele auf. Mein Herz öffnet sich, zuerst fragend, tastend, dann voller Freude.

Nicht für jenes Grau bin ich gemacht, sondern für die Weite, das Licht. Für die Himmelskathedrale, die sich durchsichtig blau über mir wölbt, in unendlicher Weite. Hier gehöre ich hin.

Auf dem Spaziergang trinke ich die Ruhe. Und schicke das Grau, das vom Tal kommen will, wieder weg. Ich möchte nur hier sein. Jetzt und hier.

Ich trinke das Licht und die Wärme.

Fast möchte ich nicht weggehen. Es ist alles so klar hier. So einfach. Aber ich muss zurück.
Nur ein paar Meter, nur ein paar Minuten, und das Grau ist wieder um mich.

Jetzt bin ich wieder da, blicke in einen undurchdringlichen grauweissen Himmel und frage mich, ob es ein Traum war. Ob dieses Nebeneinander sein kann. Der durchsichtige Himmel und die Weite sind nur noch eine Erinnerung. Unerreichbar hier und jetzt. Morgen schon unvorstellbar. Genauso, wie ich beim Blick über die Weite das Grau nicht fühlen konnte.

Vielleicht ist Glück, wenn man die Sonne nicht vergisst. Ihre Wärme. Das Licht. Und die Weite des Himmels.