Beten und Arbeiten

Seit meinen drei Tagen der Stille Mitte April fällt es mir schwerer, Worte zu finden für das, was ich sagen möchte. Einerseits ist da das Neue, leise und zerbrechlich, und für mich erst nach und nach sichtbar. Es ist flächendeckend in meinem Wesen, in meinem Geist. Es hat sich etwas grundlegend geändert, aber ich kann es kaum in Worte kleiden. Ich spüre die Auswirkungen in meinem Alltag und Sein. Andererseits ist eine gewisse Scheu in mir, meine Erfahrungen weiterzugeben.

Etwas Kleines möchte ich heute mit euch teilen.
Zum klösterlichen Leben gehörte auch eine halbe Stunde praktischer Arbeit im Garten oder Haus. Wir durften die Aufgabe auswählen. Ich wählte „Garagenfenster putzen“. Es war ein alter, von Spinnweben verhangener, an der Garage angebauter Geräteschuppen. Schon bei der Instruktion durch die Hauswirtschaftsleiterin spürte ich, wie froh sie darum ist, dass sich endlich jemand der schmutzblinden Scheiben annimmt. Ich tat diese Arbeit gerne, mit klammen Fingern, warmem Wasser, Sprit und Küchentüchern in der Frühlingsmorgenkälte. Draussen strahlte die Sonne und sangen die Vögel und in meinem Inneren war es einfach und still. Ich arbeitete konzentriert, als gäbe es nichts anderes auf der Welt. Ganz isoliert konnte ich das tun, denn da war keine weitere Liste mit zu erledigenden Dingen, die hinter meiner Stirn in die richtige, weil zeitsparende Reihenfolge gebracht werden wollten. Da war kein Alltag mit seinen unzähligen Anforderungen. Das Fensterputzen war wirklich die einzige Aufgabe.
Ich erlebte diese halbe Stunde als sehr wohltuend und hätte sie am liebsten verdoppelt oder verdreifacht. Ich spürte den Rhythmus meiner Bewegungen, die Kälte der Luft und die Wärme des Wassers. Ich war ganz bei mir. Nicht zerstreut in alle Himmelsrichtungen.
Wie die Fensterscheiben klar, rein und fast unsichtbar wurden, mitten in dieser schmutzigen, staubigen Umgebung, so wurden es mein Geist, meine Seele.

Als ich wieder zu Hause war, hatte ich den Wunsch, etwas von dieser Erfahrung in meinem Alltag zu erleben. Noch ganz still innerlich, war das in den ersten Tagen nicht schwer. Ich entdeckte, dass mich das Tun mit den Händen zentrierte und beruhigte, erdete. Wenn mich früher das Üben dieser Achtsamkeit manchmal innerlich noch mehr unruhig gemacht und auch frustriert hatte, war es nun wie ein Heimkehren in die Stille.

Der Alltag kam zurück. In Wellen mit Wucht.
Ich fand heraus, dass ich der Stille am nächsten komme, wenn ich nach dem Frühstück erst meditiere und direkt danach die einfachen Hausarbeiten erledige. Nicht Planung, nicht Denk- oder Organisationsarbeit, keine Telefonate.
Ich fing an, mein 9-Quadratmeter-Gärtchen zu pflegen. Frische Luft, Sonne, Bewegung, Natur.
Wo immer es möglich war, baute ich mehr Hand-Arbeit in meinen Alltag ein. Z.B. zeitintensive Rezepte ausprobieren. To-Do-Listen wieder auf Papier führen, etc.
Ich reduzierte auf der anderen Seite, was mir nun unnötig erschien. Z.B. kündigte ich diverse Newsletter und alle Feeds, die mich nicht mehr interessierten.

Diese Veränderungen wuchsen aus meinem Inneren. Ich hatte keinen Plan und kein Vorhaben, kein Rezept oder Schema x. Der Verstand ist Helfer, nicht Hauptperson.
Es ist eine Rückkehr zum Einfachen, und sie wirkt sich in allen Lebensbereichen aus. Befreiend.